Eine Schule für die Zukunft
Der Rohbau der Pfrimmtal Realschule plus steht / Dazu gehört auch ein neues pädagogisches Konzept
von Johannes Götzen
WORMS. Simone Gnädig ist einfach nur begeistert. Die Schulleiterin der Pfrimmtal-Realschule plus kann es kaum abwarten, in ihren Neubau einzuziehen, denn der wird ihr und ihrem Kollegium und vor allem den Schülern eine ganz neue Form des Lernens ermöglichen. Dazu haben sie ein völlig neues Konzept erarbeitet, jetzt geht es ans „Feintuning“, wie Gnädig sagt. Aber nicht nur das. Auch wenn der Neubau erst im Rohbau steht, fangen sie im Altbau schon mal an, alte Zöpfe abzuschneiden. Die Orientierungsstufe, also die fünften und sechsten Klassen, werden schon so weit möglich mit dem neuen Konzept vertraut gemacht. Dann kann es später, wenn sie ihre neue Schule endlich beziehen, gleich richtig loslegen.
Es geht um das „offene Lernen“. Es bedeutet, dass die Schüler zwar noch einen festen, individuellen Tisch haben, doch alles andere drumherum wird völlig anders sein. Es gibt keine Flure mehr, sondern „Cluster“. Das englische Wort für ,,Traube“ oder „Schwarm“ steht hier für die Gruppierung von mehreren Klassenräumen, die das im bisherigen Sinne gar nicht mehr sind, um einen offenen Lernbereich herum. Viel Glas sorgt für Transparenz. Inhaltlich bedeutet es, dass viel mehr Wert auf selbstständiges Lernen gelegt wird. „Was Kinder sich selbst erarbeiten, das behalten sie auch besser im Gedächtnis“, sagt die Pädagogin Gnädig. Um das optimal zu ermöglichen, braucht es aber auch entsprechende Räumlichkeiten. Deswegen nun also die Begeisterung: „Wir waren als Kollegium mit den Schülern und mit den Eltern in der Konzeption der Schule beteiligt“, lobt sie die Vorgehensweise der Stadt. Mit den Architekten habe man im Vorfeld auch andere Schulen besichtigt, bevor es hier richtig losging. „Wir bauen eine Schule für die Zukunft“, ist Gnädig überzeugt.
ZAHLEN & FAKTEN
- Die Gesamtkosten für die neue Pfrimmtal Realschule Plus liegen bei 14,2 Millionen Euro.
- Das Land steuert dazu über das Kommunalinvestitionsfördergesetz rund 8,5 Millionen bei.
- Steht die Schule bis Ende 2022, wird eine neue Sportanlage entstehen und eine neue Zufahrt für Eltern.
Auch seitens der Stadt zeigt man sich regelrecht stolz auf dieses Projekt und spricht von einem „in Rheinland-Pfalz einzigartigen künftigen pädagogischen Konzept der Schule“. Frontalunterricht war gestern, der Lehrer ist nicht mehr „,45 Minuten der Dompteur vorne an der Tafel“, wie es Simone Gnädig ausdrückt.
Seit der Grundsteinlegung Anfang Mai ist der Neubau der Pfrimmtal Realschule plus inzwischen optisch greifbarer. Bei einem Gang durch den Rohbau zeigt sich bereits die Aula mit einer riesigen Sitztreppe, die Schulbibliothek und Festsaal miteinander verbinden wird und die durch ein offenes Panoramadach später einmal hell erstrahlen soll.
Neben diesem architektonischen „Herzstück“ sind die offenen Lernlandschaften erkennbar. Sie verbinden die Klassenräume miteinander und sollen diese zur Mitte öffnen, wodurch eben die Cluster entstehen. „Mit unserer Bauweise schaffen wir die Grundlagen für die Pädagogik von morgen“, sagt Baudezernent Uwe Franz (SPD). Am Neubau der Pfrimmtal Realschule plus zeige sich wunderbar, dass beim Bauen von Bildungseinrichtungen künftig neue Schwerpunkte gesetzt werden müssten. „Neue, moderne Gebäude werden sich an modernen pädagogischen Konzepten orientieren“, ist sich Uwe Franz sicher.
Bis Ende nächsten Jahres sollen der Neubau, seine neue Technikzentrale, sein Außengelände und seine Parkmöglichkeiten fertiggestellt sein. Dann sollen die Lehrkräfte und die gesamte Schulgemeinschaft die offenen Lernlandschaften und das dahinterstehende pädagogische Konzept mit Leben füllen.
Das wird so aussehen: Es wird die „Input-Phase“ geben, in der Lehrstoff vermittelt wird. Danach folgt das selbstständige Lernen, individuell oder in Gruppen, eben nicht zwingend im ,,Klassensaal“, sondern im Cluster, oder der Bibliothek, der Mediathek, wo auch immer. Simone Gnädig umschreibt es so: „Wir wollen nicht mehr in Räumen denken, sondern in Dimensionen“. Der Lernende soll dabei im Mittelpunkt stehen. Der Lehrer wird Begleiter für die individuellen Lern- und Bildungswege und bekommt eine neue Rolle: Er wird „persönlicher Berater, der Begabungen genauso wie Defizite erkennt“, so das Schulkonzept.
Es wird auch nicht mehr in Klassen gedacht. Es entstehen mit dem Neubau „Jahrgangsbereiche“ für die Stufen fünf und sechs, sieben und acht sowie neun und zehn. Damit wird die Schule mit ihren etwa 460 Schülern in kleinere Einheiten unterteilt, mit festen Partnern, die Begegnungen und dadurch insbesondere eine stabile Beziehung zwischen Schülern und Lehrern ermöglichen soll. „Das ist die Basis für Lernprozesse schlechthin“, sagt Rektorin Gnädig.